Das könnte teuer werden Weg von den Zigaretten wie die Niederländer?

Vera Vogt
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Von Vera Vogt
| 17.07.2023 12:32 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
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Ach, da sind sie ja: Tabakwaren sind in den Niederlanden nicht sichtbar präsentiert, sondern hinter geschlossenen Türen. Foto: Vogt
Ach, da sind sie ja: Tabakwaren sind in den Niederlanden nicht sichtbar präsentiert, sondern hinter geschlossenen Türen. Foto: Vogt
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Ein Rauchverbot im Auto wird gerade heiß diskutiert. Was hilft wirklich, wenn man die Raucher entwöhnen will? Vielleicht haben die Niederländer gute Ideen.

Rheiderland/Niederlande - Eine hitzige Debatte läuft: Soll das Rauchen im Auto verboten werden, wenn Kinder oder Schwangere an Bord sind? Länder gehen unterschiedlich an die Frage heran, wie man das Rauchen eindämmen könnte. In den Niederlanden darf man zum Beispiel in gewerblichen Fahrzeugen – Lastwagen inklusive – nicht mehr rauchen. Außerdem muss man deutlich tiefer in die Tasche greifen, wenn man eine Schachtel kaufen will. Das gehört zum sogenannten Nationalen Präventionspakt, den man in den Niederlanden geschlossen hat.

Was und warum

Darum geht es: Viele Rheiderländer fahren in die Niederlande und kaufen dort ein. Zigaretten wohl kaum, denn die sind dort deutlich teurer. Geht der Kampf gegen die Kippe durch den Geldbeutel?

Vor allem interessant für: Raucher und die, die gegen das Rauchen sind

Deshalb berichten wir: Derzeit werden Rauchverbote im Auto diskutiert. Vielleicht lohnt sich ja ein Blick ins nahe Nachbarland.

Die Autorin erreichen Sie unter: v.vogt@zgo.de

Ziel: 2040 soll kein Kind mehr zum Raucher werden und nur noch fünf Prozent der Erwachsenen qualmen. Damit gilt ein Land als rauchfrei. Wir haben uns umgeschaut: Wie geht das Nachbarland denn sonst so mit dem blauen Dunst um?

Was darf oder muss das Rauchen kosten?

Eine Schachtel mit 27 Zigaretten kostet zum Beispiel zwölf Euro. Insgesamt soll rauchen bald noch teurer werden, sagt auch Mario Rauch, Sprecher der Ems-Dollart-Region, dem grenzübergreifenden Zweckverband. Die niederländische Regierung erhöhe schrittweise die Steuer auf Zigaretten, Pfeifentabak und Zigarren pro Jahr um rund einen Euro. Ab 2024 sollen es für kleine Schachteln mit 20 Zigaretten rund zehn Euro sein, teilt die Regierung auf ihrer Internetseite mit. Auch Deutschland will erhöhen – im Centbereich. „Die Tabaksteuer für eine Packung Zigaretten (20 Stück) steigt im Zeitraum 2022 bis 2026 um durchschnittlich circa acht Cent pro Jahr“, teilt das Bundesfinanzministerium mit.

Rauchen ist in den Niederlanden an vielen Orten nicht mehr erlaubt. Foto: Pixabay
Rauchen ist in den Niederlanden an vielen Orten nicht mehr erlaubt. Foto: Pixabay

Im Kampf gegen die Sucht seien Tabaksteuererhöhungen besonders wichtig, um Rauchen so teuer zu machen, dass Jugendliche gar nicht mehr auf die Idee kämen, sagt Daniel Kotz. Er leitet die Deutsche Befragung zum Rauchverhalten (Debra). Diese ergab 2022, dass wieder deutlich geraucht wird. Kotz, der an der Uni-Klinik Düsseldorf am Centre for Health and Society den Sucht-Forschungsschwerpunkt leitet, kritisierte, die von der Weltgesundheitsorganisation WHO empfohlenen Tabakkontrollmaßnahmen würden von der Politik bislang nur unzureichend umgesetzt.

Spitzenreiter im Preisrennen ist Australien. Wie bei Statista, einer deutschen Online-Plattform für Statistik, zu lesen ist, kostet eine Schachtel (20 Zigaretten) rund 27 Euro, dann folgt Neuseeland mit rund 22 Euro. In Irland, Norwegen und dem Vereinigten Königreich muss man um die 14 Euro auf den Tisch legen, in Frankreich zehn Euro.

Wo sollte man Zigaretten kaufen können?

Man könnte meinen, es gibt sie gar nicht mehr: In der Tankstelle und im Supermarkt in den Niederlanden gibt es Tabakwaren nur auf Nachfrage. Sie sind verborgen hinter Türen, die Mitarbeitende öffnen. Bei Coop in Bad Neuschanz sind sie zum Beispiel mit Feuerzeugen, Losen oder Vapes an einem Tresen neben den Kassen zu kaufen. Hinter den grauen Schranktüren liegen die Tabakprodukte, viel bunter wird es dahinter nicht – alle sind in ein Braun-Grau getaucht. „Die bunten Farben gibt es bei uns in den Niederlanden nicht mehr. Alle haben eine Einheitsverpackung, möglichst unattraktiv, gerade für Jugendliche“, erklärt Coen Spa, Verkaufsleiter bei Coop in Bad Neuschanz. „Nächstes Jahr wird es die Produkte in den Supermärkten gar nicht mehr geben“, erklärt er. Tankstellen sollen folgen. Zigarettenautomaten gibt es ebenso schon länger nicht mehr. Wer in den Niederlanden Glimmstängel kaufen möchte, hat es also nicht so leicht wie in Deutschland. Anlaufstelle wären dann einzig spezielle Fachgeschäfte.

Derzeit bekomme man in Deutschland an jeder Tankstelle, in jedem Kiosk oder Supermarkt Tabak attraktiv angeboten, erklärt Kotz. Die Produkte müssten aus dem Sichtfeld verschwinden und nur mehr auf explizite Nachfrage zu bekommen sein. Außerdem sollten „tabakfreie Lebenswelten“ geschaffen werden, so Kotz.

Wo sollte man rauchen dürfen?

Rauchfreie Welten gibt es in den Niederlanden bereits. In Innenräumen, in der Gastronomie, am Arbeitsplatz und in öffentlichen Gebäuden ist das Rauchen nicht gestattet, heißt es seitens der Regierung. „Nicht einmal in einem Raucherbereich“ – egal ob Bahnhof, Büro, Krankenhaus oder Rathaus. Ab 2030 soll das Rauchen in und um alle Gesundheitseinrichtungen verboten sein, heißt es im Pakt. Es solle schlussendlich schlichtweg „ungewöhnlich“ sein, jemanden rauchen zu sehen. Insbesondere Kinder sollen so gar nicht erst daran gewöhnt sein. Gleichzeitig soll der Pflegesektor mehr Hilfen und Unterstützung für diejenigen zur Verfügung stellen, die aufhören wollen.

Eine Stadt, die vorangeht, ist dabei Groningen. Dass diese rauchfrei werden möchte, gehört zu den ersten Projekten in der EU. Nach und nach möchte man rauchfreie Areale auszeichnen.

Was soll das Ganze überhaupt?

„Rauchen ist das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko in Deutschland“, heißt es vom Bundesgesundheitsministerium. Jährlich sterben in Deutschland mehr als 127.000 Menschen an den Folgen des Tabakkonsums. Das Ziel: Weniger Tabakkonsumenten und Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens. Zu den Maßnahmen, die man auserkoren hat, gehören laut Ministerium Preiserhöhungen sowie Abgabeverbote von Zigaretten an Kinder und Jugendliche, Präventionskampagnen, Werbeeinschränkungen, Vorgaben zur Verpackungsgestaltung und der Nichtraucherschutz am Arbeitsplatz.

Mit Material von dpa

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